Medical Training mit Katzen (Tierarzt-Training)

Das Medical Training beinhaltet jene Verhaltensweisen, die bei der medizinischen Versorgung, der allgemeinen Pflege, sowie bei der Medikamentengabe von Tieren hilfreich sind.

In den USA wird dies vor allem in zoologischen Anlagen schon lange gemacht, denn dadurch kann auf Narkosen und Sedierungen inkl. deren

Nebenwirkungen verzichtet werden.


Leider sehen viele Katzen den Tierarzt nur sehr selten, auch wenn es

ihnen bereits sehr schlecht geht, weil bereits der Transport zum Hindernis wird und die Katze schon beim Anblick der Transportbox die Flucht ergreift, oder sie während des Transportes bereits unter Todesangst leidet! Viele Menschen gehen mit ihrer Katze dann einfach gar nicht mehr zum Tierarzt, weil sie ihr diesen Stress ersparen möchten, dies ist aber komplett kontraproduktiv, denn dadurch verhindern wir, dass unsere Katze medizinisch durchgecheckt und ggf. behandelt werden kann!


Auch den Transport kann du mit gezieltem Training üben, sodass dein Katzi schlussendlich freiwillig und ohne Angst in die Transportbox geht und auch das Auto fahren kein Problem mehr ist!

Eine Angst kann nämlich immer nur überwunden bzw. besiegt werden, wenn man sich damit adäquat und mit kleinen Schritten inkl. vieler Erfolge auseinandersetzt. Dies gilt für unsere Katzis genauso, wie für uns Menschen. Jede überwundene Angst bedeutet im gleichen Atemzug mehr Lebensfreude und weniger Stress!

Ein weiterer Nachteil dieser Angst ist, dass wenn deim Katzi beim Tierarzt, oder beim Transport zum Tierarzt jedes mal unter Stress leidet, kann dies z.B.: auch einige Blutwerte verfälschen, was wir natürlich nicht möchten! Manchmal werden z.B. extrem ruhige Katzis fälschlicherweise als entspannt wahrgenommen, obwohl es sich um "Freeze" (Einfrieren) handelt.

“Freeze“ bedeutet, dass die Katze in einer Stresssituation bewegungslos verharrt, in der Hoffnung, dass die Situation einfach vorbeigeht. Wenn man sich vorstellt, dass wir Menschen in so einer Situation sind, in der wir starr vor Angst und bewegungslos sind, glaub ich kann man sich ganz gut vorstellen, dass das alles andere als schön ist und kein Lebewesen mitmachen sollte!


Medical Training bietet zudem eine tolle kognitive Auslastung und Alltags-Beschäftigung für dein Katzi

Mittels positiver Bestärkung wird deinem Katzi erklärt, was gleich passieren wird und, dass es für seine Kooperation reichlich belohnt wird.


Jede Katze kann in klar strukturierten und kurzen Trainingseinheiten lernen, dass sie eben keine Angst vor Berührungen, der Bürste, Zähne anschauen usw. haben muss.

Das Geheimnis dabei ist, dass aus ehemaligen Albträumen, lustige und erfolgreiche Tricks gemacht werden, wobei sich dein Katzi ganz besondere Belohnungen verdienen kann. Baut man das Medical Training also richtig auf, ist es nichts anderes als ein Trick Training.

Was benötigst du also um mit deinem Katzi mit dem gezielten Training zu starten?

  • Du benötigst eine super tolle Belohnung, diese darf aber nicht so super toll sein, dass dein Katzi nur noch das Essen bzw. die Belohnung sieht und das restliche Gehirn komplett ausgeschaltet ist
  • Die Belohnung muss aber so gut sein, dass es sich für sie lohnt am spaßigen Training teilzunehmen. Etwas Appetit hebt zusätzlich die Motivation
  • Dann benötigst du noch ein Markersignal, da hat es sich bewährt ein Schnalzgeräusch mit dem Mund zu machen, dann hast du beide Hände für das Training frei
  • Je nach IBB-Signal (dazu kommen wir später) wird dann noch das jeweilige Equipment benötigt wie z.B. ein Duschvorleger für das Bodentarget usw.

Anschließend kann das Training mit der Konditionierung auf das Markersignal losgehen, dabei wird mit der klassischen Konditionierung gearbeitet!

  • Wir geben also einem bisher neutralem Reiz (dem Markersignal) eine Bedeutung, in dem wir das Markersignal machen und unmittelbar danach unserem Katzi die Belohnung geben
  • Zwischen dem Markersignal und der Belohnung dürfen max. 0,5 Sekunden liegen, damit es erfolgreich verknüpft wird
  • Dies wiederholst du dann ca. 25mal, anschließend kannst du einen kleinen Test machen – wenn dein Katzi von dir weg schaut, schnalzst du, schaut dein Katzi dann erwartungsvoll zu dir, wurde das Markersignal erfolgreich verknüpft und konditioniert
  • Dein Katzi hat also gelernt, dass dieses Geräusch bedeutet, dass es gleich eine tolle Belohnung bekommt
  • Im Training nutzen wir dieses Markersignal wie eine Kamera, in dem wir genau den richtigen Moment markieren bzw. abfotografieren

Beim Medical Training verlangen wir Verhaltensweisen, die unsere Katzis ohne entsprechendes Training sehr schwer fallen würden, deshalb ist es das Um und Auf, dass dein Katzi größtes Vertrauen zu dir hat.

Vertrauen wird aber nicht einfach so geschenkt, sondern muss sich erarbeitet werden.

Das bestehende Vertrauen ist mit einem Bankkonto vergleichbar, allerdings werden hier statt Geld, “Vertrauensscheine“ eingezahlt, oder auch abgehoben – Der Kontostand wechselt ständig. Je höher er ist, desto mehr Vertrauen ist vorhanden und desto besser können dann schlussendlich auch schwierige und nicht so schöne Situationen gemeinsam gemeistert werden.

Beispiel:

Wird dein Katzi z.B. wiederholt hintergangen, in dem du sie packst und ganz schnell versuchst ihr die Pille zu verabreichen, und dabei ihre “hör damit auf-Signale“ ignorierst, ist das Vertrauenskonto sehr schnell leer und es ist keine vertrauensvolle Beziehung vorhanden! Jedoch entspricht jede positive Interaktion mit deinem Katzi einer Einzahlung auf das Vertrauenskonto. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Interaktion in den Augen deiner Katze schön sein muss und nicht in deinen!


Machst du also sehr viele positive Interaktionen mit ihr – wie es beim Medical Training oder auch beim Trick Training gemacht wird – wird das Vertrauenskonto schön gefüllt. Wenn du dann mal ein paar Vertrauensscheine für etwas Unangenehmes abheben musst, vermindert sich zwar der Kontostand, aber aufgrund der vorherigen vielen Einzahlungen, ist das Vertrauen dennoch nicht in Gefahr!

Das Training mit einer positiven Bestärkung gibt Selbstvertrauen, fördert die Kreativität sowie Selbstständigkeit. Darüber hinaus verleiht es deinem Katzi Macht und zwar die Macht über das eigene Leben und den eigenen Körper mitzubestimmen!

Stell dir einfach mal vor, dass du in einer riesigen Villa mit Swimmingpool inkl. Buttler (der sich wirklich um alles kümmert) wohnst. Jede Aktivität ist von deinem Buttler geplant, um 12:00 Uhr gibt es Mittagessen, um 14:00 Uhr ist Spielzeit usw. Du hast dort alles was du zum Leben brauchst, darsf über all das aber nicht selbst bestimmen. Es entscheidet immer Jemand anderes was jetzt gerade an der Tagesordnung steht!

Du hast also alles was dein Herz begehrt, kannst aber über das eigene Leben nicht selbst bestimmen! So geht es auch unseren Katzen, sie haben zu Hause oft alles was das Katzi-Herz begehrt und ihre offensichtlichen Grundbedürfnisse werden erfüllt, macht dies aber glücklich?

Ich glaube nicht! Denn auch unseren Katzis ist es wichtig, über ihr eigenes Leben bestimmen zu können, dies ist in unserer menschlichen Obhut nicht immer möglich, da wir nebenbei auch unseren ganz persönlichen Alltag zu meistern haben.


Jedoch gibt es sehr wohl Situationen, in denen wir unseren Katzis diese Kontrolle zugestehen bzw. ermöglichen können und auch sollten! Das Medical Training bietet diese Möglichkeit.


Jetzt fragen sich sicher viele, warum sollte denn eine Katze an einer für sie unangenehmen Übung überhaupt teilnehmen?

Die Antwort darauf ist sehr einfach: Sie hat die Freiheit sich dafür oder auch dagegen zu entscheiden und weiß ganz genau, wenn sie sich dafür entscheidet, wartet eine tolle Belohnung auf sie. Und das wichtigste, die Katze weiß, dass sie jederzeit aussteigen kann, wenn sie sich überfordert oder auch ängstlich fühlt.


Beim Medical Training arbeiten wir mit dem sogenannten Kooperationsverhalten auch ICH-BIN-BEREIT-Signal (IBB-Signal) genannt. Mit diesem Signal kann dein Katzi seine Bereitschaft für eine Übung (Eingriff) zeigen. Dein Katzi weiß genau, dass evtl. etwas Unangenehmes auf sie zukommt, wofür es jedoch im Anschluss eine super tolle Belohnung gibt. Führt dein Katzi also das IBB-Signal aus, sagt es uns damit, dass es bereit für den evtl. unangenehmen Eingriff ist.

Beispiel: Krallen schneiden

(das IBB-Signal dafür ist ein längeres Pfote geben)

  • Gibt dein Katzi dir die Pfote und lässt sie auf deiner Hand liegen
  • Kannst du die Krallen schneiden und anschießend gibt es die tolle Belohnung
  • Gibt dein Katzi dir nicht die Pfote oder das Pfote geben wird unterbrochen, entfernst du die Krallenschere und es gibt keine Belohnung
  • Dabei ist wichtig zu beachten, dass IBB-Signale einfach auszuführen sein müssen und eine tolle Belohnungs- und Trainingsgeschichte haben!

Die Belohnungsgeschichte beschreibt wie häufig und wie gut ein Verhalten z.B. das Pfote geben, im Laufe des Trainings belohnt wurde.


Natürlich ist es das Um und Auf die IBB-Signale vor den konkreten Medical Training Übungen separat zu trainieren. Am besten startest du mit etwas Eingachem, was dein Katzi sowieso gerne macht wie z.B.: das Bodentarget. Das ist eine rutschfeste Matte (z.B. Duschvorleger) auf der dein Katzi auch ausreichend Platz hat, wenn es darauf liegt - Katzen setzten oder legen sich nämlich sehr gerne auf Sachen drauf, die am Boden liegen.


Die meist verwendeten IBB-Signale sind:

  • Das Kinntarget - die Katze legt ihr Kinn auf die Hand oder ein Handtuch und verharrt in dieser Position
  • Die Seitenlage - die Katze liegt auf der Seite, evtl. berührt auch der Kopf den Boden
  • Das Bodentarget - die Katze steht, liegt oder sitzt auf einem Bodentarget
  • Das Handtarget - die Katze legt ihre Pfote auf der Hand ab und verharrt in dieser Position
  • Weitere hilfreiche Positionen sind Sitz, Platz und Steh.

Die Generalisierung

Wichtig ist, dass das Training eines IBB-Signals zusätzlich eine ausreichende Generalisierung beinhaltet. Generalisierung bedeutet dass die Katze ein zuvor erlerntes Verhalten (IBB-Signal) auf dein Kommando hin ausführt, egal in welcher Umgebung ihr euch befindet und egal, was gerade rundherum vor sich geht!

D.h. es wird nicht nur das jeweilige IBB-Signal trainiert sondern eben auch die Generalsierung – es wird an verschiedenen Orten, mit verschiedenen Ablenkungen, Menschen, Geräuschen usw. trainiert.

Dabei ist es wichtig sich vorher zu überlegen, welche Ablenkung im Ernstfall auch tatsächlich vorhanden sein wird wie z.B. die Untersuchung auf einem Tisch mit mehreren Personen und nebenan bellt ein Hund usw.


Vorerst lernt dein Katzi aber eine Reihe an IBB-Signalen als ganz normalen Trick, die aber besonders hochwertig und häufig belohnt werden (siehe Belohnungsgeschichte). Die tatsächliche Bedeutung der IBB-Signale wird deinem Katzi erst vermittelt, wenn es diese sehr gut beherrscht und verlässlich sowie gerne zeigt!

Beispiel:

Kann dein Katzi bereits Pfote geben und lässt die Pfote auch mehrere Sekunden auf deiner Hand liegen, kann der Trick “Pfote geben“ zum IBB-Signal gemacht werden

  • Dein Katzi legt seine Pfote auf deine Hand und die Krallenzange wird langsam angenähert
  • Lässt dein Katzi die Pfote auch dann auf deiner Hand, folgt sofort das Markersignal und die Belohnung
  • Wird die Pfote jedoch zurück gezogen, entfernst du die Krallenzange wieder und es gibt keine Belohnung
  • Dein Katzi bekommt eine kurze Pause, in der ihr auflockernde Tricks übt, die dein Katzi gerne macht
  • Ist dein Katzi nach der Pause inkl. auflockernder Übungen wieder entspannt, geht es weiter und du forderst dein Katzi erneut auf dir die Pfote zu geben
  • Dies wird dann sofort mit dem Markersignal markiert und belohnt
  • Erst danach kommt wieder die Krallenzange zum Einsatz, diesmal in größerer Entfernung und mit viel mehr Belohnungen, damit die Katze ganz viele Erfolgserlebnisse hat
  • Anschließend wird von dir die Krallenzange dann in so kleinen Schritten wieder angenähert, dass dein Katzi gar keinen Grund sieht, die Pfote wieder wegzuziehen

Dadurch wird dein Katzi sehr schnell lernen, dass wir auf seine Wünsche eingehen und das erste Ziel ist erreicht!

Kurz gesagt verhilft das Medical Training deinem Katzi zu einem schöneren und stressfreieren Leben, denn wie wir alle wissen macht Distress krank!

© 2024 Julia Lercher I Pfotenklang

Alle Rechte vorbehalten



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